Künstliche Organe durch eine Kombination von vielen Technologien

Niko Herwegh, Buchcover, Hightech-Thriller, medtech, Lifescience Basel, VSPA,
Cover von "Ninas Nieren"

Achtung – Technologie-Spoiler aus meinem Roman NINAS NIEREN!

In Deutschland warten 8500 schwerkranke Menschen auf ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen, 6500, benötigen eine Spenderniere. Sie stehen auf der Warteliste der Deutschen Stiftung Organtransplantation. Während die Patienten warten, sind sie auf eine äußerst belastende Nierenersatztherapie angewiesen, die Dialyse. Die Therapie sieht vor, dass die Patienten dreimal die Woche in einem Krankenhaus oder einem Dialysezentrum behandelt werden. Sie müssen dabei in einem Bett liegen oder auf einem Stuhl sitzen, während ihr Blut durch Schläuche in die Dialysemaschine gepumpt wird; es wird dort gereinigt und wieder zurückgeleitet. Die Behandlung dauert drei bis fünf Stunden, in der Zeit können sie ihren Platz nicht verlassen. Die Nebenwirkungen halten bis zu drei Tage an und reichen von Übelkeit bis zu Blutarmut und Hautausschlag. Durch diese künstliche Blutwäsche verkürzt sich ihre Lebenserwartung.

Aber nicht nur wer eine Ersatzniere braucht, benötigt eine Dialyse. 100.000 Menschen in Deutschland sind auf diese Therapieform angewiesen, aus den unterschiedlichsten Gründen. So sehr sich die Ursachen auch unterscheiden, für alle diese Menschen gibt es eine Heilungsmethode gleichermaßen. Wenn sie keine menschliche Spenderniere erhalten, könnte eine künstliche Niere all ihre Leiden beenden. Ein kleiner Wunderapparat, der hilft, Giftstoffe aus dem Blut zu filtern und als Harn auszuscheiden. Bis vor Kurzem war dies nur eine Wunschvorstellung, jetzt aber gibt es Abhilfe.
Quelle: Prävalenz, Kosten der Versorgung und Formen des dialysepflichtigen chronischen Nierenversagens in Deutschland: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1330-7152.pdf


100 % biologisch und ganz ohne Abstoßungsreaktionen
Die kleine Firma Organ in a Bag AG in Reutlingen, Baden-Württemberg, stellt künstliche Nieren her. Sie züchtet sie ganz biologisch, ohne giftige Chemikalien, ohne Elektromotoren oder Batterien.
Das Verfahren geht so: Als Erstes braucht es einen 3D-Bio-Drucker, der ein künstliches Gewebe herstellt. Das Gewebe ist nicht kompliziert aufgebaut, im Innern besteht jede Schicht aus langen, mikrometerfeinen Kanälen. Ungefähr so, als habe man drei Schläuche nebeneinandergelegt und sie dann gemeinsam in weiten Kreisen eingerollt. Der gesamte Herstellungsprozess ist hochkomplex, denn eine künstliche Niere besteht aus bis zu 140 Schichten.
Als Zweites braucht es Spenderzellen des kranken Patienten und ein gut ausgestattetes Zell-Labor. Die Zellen des Patienten werden zu induzierten pluripotenten Stammzellen zurückprogrammiert. Nach der Reprogrammierung können sie zu jeder Art von Zellen herangezüchtet werden. Etwa zu Endothelzellen, wie sie in Blutadern vorkommen, oder zu einer der sechzehn hoch spezialisierten Organzellen, wie sie in einer Niere gebraucht werden.
In dem neuen Verfahren der Organ in a Bag AG werden die herangezüchteten Zellen dann in das künstliche ausgedruckte Gewebe eingespritzt. Die bisher leeren Kanäle werden befüllt, damit sich funktionsfähige Arterien, Venen und Nierengewebe entwickeln.


Über zweihundert wissenschaftliche Quellen, drei Technologien und zwei Menschen
Christoph Mätzer und Mare Tuuch haben die Technologie der künstlichen biologischen Niere entwickelt. Der Weg dahin war steil und steinig, zu Beginn hatten sie nicht mehr als eine Idee und sehr viel Grundlagenwissen. Sie sammelten über zweihundert wissenschaftliche Quellen, um ihren ersten Prototyp zu erstellen. Darunter waren Artikel über die Zucht von Blutadern (Angiogenese) und auch Rezepte für Nährmedien, in denen die pluripotenten Stammzellen wachsen können.

Dr. Christoph Mätzer war Gruppenleiter am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) in Reutlingen.

Dr. Mare Tuuch war Forschungsleiterin am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden.
Seit der ersten Recherche haben die beiden Forscher eine Reihe eigener Werkzeuge hergestellt, um ihr Verfahren zu verbessern. Erfindungen und Weiterentwicklungen auf drei unterschiedlichen technologischen Gebieten fassen ineinander, um das künstliche Organ zu ermöglichen.


Der 3D-Bio-Drucker, den sie heute verwenden, wurde speziell für ihre Bedürfnisse angefertigt und auch das Computerprogramm, mit dem sie die künstliche Niere planen, ließen sie extra neu programmieren. Als dritte eigene Entwicklung zählen die speziellen Lösungen, mit denen die Zellen eingespritzt werden. Gleich mehrere Patente konnten sie bereits anmelden und weckten so die Neugierde der Fachwelt.
Am Computerprogramm wird die Niere geplant und entworfen, der Drucker stellt das „leere“ künstliche Organ her und dann werden, in mehreren Schritten, Zellen eingespritzt und die inneren Schichten befüllt. Sind die Nierenzellen in der künstlichen Niere herangereift, wird sie in den Patienten implantiert. Während der Operation wird sie an die Arterie und die Vene angehängt, mit denen zuvor die natürliche Niere versorgt wurde. Auch der Harnleiter muss angeschlossen werden, damit die herausgefilterten Giftstoffe in die Blase gelangen können.
Die künstliche Ersatzniere arbeitet wie eine echte Spenderniere. In der Regel dauert es nicht länger als ein paar Tage, bis die Patienten sich von der Operation erholt haben und die Niere vom Körper angenommen ist. In den klinischen Versuchen wurde noch keine Abstoßung beobachtet.


Für die 6500 Patienten, die auf eine Spenderniere warten, gibt es nun also Hoffnung auf ein besseres Leben, ohne Dialyse.

Mit freundlichen Grüßen, Niko Herwegh.

 

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