Die SGA eine Einführung.
Am 22.-27. Juli fand die SwissGameAcademy 2019 in Freiburg(Schweiz), an der Hochschule für Technik und Architektur statt. Sie wird von Mitgliedern der Hochschule für Technik und Architektur und
dem Swiss Game Center veranstaltet.
Das Ziel der SwissGameAcademy ist es, dass alle Teilnehmenden, in Gruppen, innerhalb von sechs Tage ein Computerspiel entwickeln. Da sich die Academy speziell an Leute wendet, die noch keine
Vorerfahrung in der Spieleentwicklung haben, werden allgemeine Kurse und Präsentationen über Gamedesign, Gameart oder Spieleentwicklung mit Unity angeboten. Sodass die Teilnehmer alle Berufe der
Spielebranche kennenlernen können.
Ich habe mich dort angemeldet, um den Prozess der Spieleentwicklung kennenzulernen und etwas über professionelles Gamedesign zu erfahren. Zudem ist die Teilnahmegebühr von 120Franken einmalig günstig.
Zur Anmeldung, auf der Website der SGA, konnte man sich schon für ein Schwerpunktfach der Academy entscheiden. Entweder Sounddesign, Programmieren, Zeichnen(Game-Art) oder Gamedesign. Ich hatte mich zuvor schon über die Aufgaben eines Gamedesigners informiert und da er für Ideen-Entwicklung und Umsetzung zuständig ist, passte dies noch besser zu mir als Autor als die anderen Fächer.
Die SGA war anstrengend und lehrreich!
Ich kann sagen; WAS FÜR EINE ANSTRENGENDE WOCHE! Am ersten Tag begann die Veranstaltung wie üblich mit einer Willkommensansprache und ging nahtlos in eine Kurzpräsentation über Gamedesign über.
Alle Teilnehmer fanden sich in Gruppen bis zu sechs Leuten zusammen. Eine Gruppe sollte aus mindestens vier Mitgliedern bestehen, um aus jedem Schwerpunkt: Design, Programming, Art und auch Sound
einen Vertreter dabei zu haben.
Meine Gruppe bestand aus sechs Mitgliedern. Drei Designer, ein Programmierer(ein 13jähriger Schüler), ein Artist und eine Studentin, die sich für das Sounddesign interessierte. Wir Designer
hatten ganz verschiedene Hintergründe. Neben mir als Autoren, kam eine Kollegin vom Fernseh, wo sie Einspieler und Sendungen produzierte und die dritte Designerin gestaltete Bühnenprogramme im
Theaterbereich.
Da wir sowohl deutsche wie auch französische Muttersprachler waren, einigten wir uns auf Englisch als Gruppensprache.
Durch die interne Vorstellungsrunde und den ersten Ideenaustausch kamen wir auf die Idee ein Spiel zu entwickeln, in dem ein kleines Mädchen nachts auf Toilette muss. Sie hat Angst im Dunkeln
durch die Wohnung zulaufen, weil es dort Geister gibt die sie erschrecken wollen. Unsere Sounddesignerin brachte uns auf die Idee, mit menschlichen Schreien zu arbeiten. So sollte das Mädchen
schreien, um die Geister zu verjagen.
Ans Handwerk!
Der zweite Tag begann mit einem Einführungskurs in der Spiele-Engine »Unity«. Der Lehrer meines Kurses war der selbstständige Spieleentwickler David Stark, der das
erfolgreiche Spiel »Airships« entwickelt hat.
Ich will kurz anmerken; Jeder der nur etwas Zeit und Interesse aufbringt, sein eigenes Game zu entwickeln, sollte sich ein paar Tutorials über Unity ansehen, denn die Software gibt es kostenlos
zum herunterladen und ist wirklich einfach zu bedienen. Unser dreizehn jähriger Programmierer und die Sound-Studention hatten praktisch keine Vorahnung und brachten einen einfachen Plattformer
auf die Beine!
Am Nachmittag begann dann das erste »Lab«. Das hieß, die Gruppen kamen zusammen, damit sie gemeinsam an ihrem Spiel arbeiten konnten. Wir entwickelten das Leveldesign, entschieden uns für einen
Zeichenstil und teilten die Aufgaben auf. Hier machte sich die Unerfahrenheit meiner Gruppe bemerkbar. Wir unterhielten uns viel über Möglichkeiten und Ideen, ohne ein festes Vorgehen
auszuarbeiten. Doch diese Lektion lernten wir noch.
Der dritte Tag, Mittwoch, startete bereits mit einem Lab. Die Gruppe begann also gleich neue Ideen auszubrüten und einige kleinerer Arbeiten voranzubringen. Die gute Bettina Wegenast von der Fabelfabrik aus Bern war ein echter Glücksfall für unsere Gruppe. Aus ihrer Theatererfahrung
heraus, nahm sie die Schreie unseres Spielcharakters selber auf. Dafür nutzte sie einfach den Voicerecorder ihres Handys. Ich gestehe, ich selber wäre nie auf die Idee gekommen die Soundeffekte
selber zu machen, ich hätte sie umständlich in einer Sounddatenbank im Internet gesucht.
Unsere Programmierer erstellten das erste Level und realisierten die Taschenlampen-Lichteffekte mit denen das Mädchen sich durch die Level bewegt.
Aber es war nicht alles Spiel und Spaß, die Kommunikation in der Gruppe kosteten uns jedes Mal viel Zeit und Konzentration, denn keiner war es gewohnt jede seiner Ideen auf Englisch zu erklären,
weil wir unseren Alltag sonst nur in unserer Muttersprache bewältigten. Zudem waren einige von uns sehr Müde, weil die Nächte in der bereitgestellten Unterkunft, einer Zivilschutzanlage, sehr
heiß und oft zu kurz waren(In der gesamten Woche lagen die Tagestemperaturen bei 30-35°C).
An diesem Tag lernte ich Tabea Iseli kennen. Sie war lange Jahre Entwicklerin bei den berühmten
schweizer Blindflug Studios, und arbeitet nun an ihren eigenen Projekten. Sie führte einen interessanten Unterricht, in dem sie uns die Spiele spielen ließ, die sie mitentwickelt hatte und uns
vom Entstehungsprozess und den Spielerreaktionen erzählte.
Donnerstag, Freitag und Samstagmorgen verschwammen zu einer einzigen langen Arbeitseinheit. Wir entwickelten das Spiel mit viel Hilfe von den Coaches und immer im Kampf gegen
Sommerhitze und die Müdigkeit.
Da ich mich bereits mit den Aufgaben eines Gamedesigners vertraut gemacht hatte, kannte ich auch das Konzept des Spiel-Design-Dokuments, das im Grunde eine Mischung zwischen Ideensammlung,
Regelwerk und To-Do-Liste ist. Ich notierte also unsere Ideen und Absichten und leitete eine Reihe von unmittelbaren Aufgaben ab. Die wir dann aufteilten.
Über die Aufstellung eines Game-Design-Dokuments gab es an der Academy auch einen Vortrag, doch da hatte ich das Grundgerüst schon stehen. Und dies half uns, unser Projekt noch gerade rechtzeitig fertig zu stellen. Denn am Donnerstagabend besassen wir zwar schon einen animierten Spielecharakter, doch das Spiel bestand lediglich aus einigen Leveln mit Plattformen und Grafiken. Die Gegner fehlten und ein Menü ebenso!
Hier ging mir ein Licht auf; in der Phase nach der Ideensammlung werden Spiele anfangs anders aufgebaut als Romane.
Bei Romanen plane ich die gesamte Geschichte, Charaktere, Konflikte, Szenenablauf und Kämfpe, einfach alles. Danach schreibe ich das Manuskript von Aanfang bis Ziel durch. Ein Spiel aber wird anders umgesetzt. Nach der Ideenfindung wird erst einmal ein funktionierender Prototyp verwirklicht, um zu sehen, ob die Spielidee überhaupt sinn macht. Erst wenn die Idee zuverlässig trägt wird der Prototyp weiterentwickelt. Denn wozu soll ich die Zeit verschwenden schon das dritte und vierte Level zu gestallten, wenn ich nicht einmal weiß welche Spielelemente weiterverwendet werden?
Und auf der SGA hatten wir wirklich nicht viel Zeit.
Für einen Roman hieße diese Prototypen-Vorgehensweise, man schreibt eine Kurzgeschichte und schaut, ob der Kernkonflikt funktioniert und ob mein Schreibstil dem Leser überhaupt gefällt. Danach erst wird diese Geschichte erweitert.
Und hier auf der SGA, die eigentlich nur ein sechstägiger Game Jam war, wird genau so ein Prototyp erstellt. Erweiterte Spielelemente wie Charakter-Skins, Munitionsarten oder unterschiedliche
Terrains sind zu diesem anfänglichen Zeitpunkt völlig egal, denn die kann man nachträglich einbauen.
Ab Freitagnachmittag gab es also erst einmal keine neuen Ideen. Wir arbeiteten nur noch die aufgestellten Aufgaben ab um ein kleines, rundes abgeschlossenes Spiel zu erhalten.
Unsere Zielstrebigkeit hat sich zum Glück auch gelohnt.
Zur offiziellen Vorstellung aller Projekte, am Samstagmittag, konnten wir »Pee at Night« präsentieren.
Unser Spiel wie auch die der anderen Teilnehmer wurden auf itch.io hochgeladen.
"Pee at Night" das Spiel unserer Gruppe. Hier sehen wir das Intro das auch gleichzeitig das Tutorial ist.
Auch beim Intro war der Sound das bestimmende Element. Als einzige Gruppe, aller Teilnehmer, konnten wir eine Sprecherin engagieren! Die kleine Tochter unserer Kollegin Johanne spricht Sarah, das
Mädchen aus dem Spiel. Ein wirklich herzerwärmendes Intro.
Ich möchte mich vor allem bei den Organisatoren bedanken die ihre Freizeit opferten um sovielen Menschen einen Einblick in die Spieleentwicklung zu ermöglichen.
Vielen Dank an die Organisatoren, Qui Cung und Maurizio Rigamonti.
Einen weiteren Beitrag, über Spieledesign, Spieleentwicklung und was ich als Autor aus der SGA gelernt habe, findet ihr auf der Homepage des Verein Schweizer Phantastikautoren.
Urheberrecht für den Text und alle Fotos liegen bei mir.
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